10 August 2006

Starbucks-Neulinge


Also nicht das ich irgendwie süchtig nach Starbucks wäre, aber ich mag den Laden. Gerade den auf der Bahnhofstrasse in Zürich. Und besonders zur Mittagszeit. Was sich da immer alles so an verschiedensten menschlichen Kreaturen und Individuen versammelt. Für mich ist es jedes Mal mehr als beeindruckend und mehr als lehrreich in Hinblick auf die Abgründe der menschlichen Natur.
Und vielleicht bin ich gerade deswegen fast jeden Tag dort. Sozusagen heimliche Studien von Menschen aller möglichen Kulturkreise, welche eine "Leidenschaft" vereint. Der Kaffee.

Meisten halte ich mich nicht länger als ein paar Minuten im Bereich der Kasse und der Getränkeausgabe auf. Aber alleine die paar Minuten reichen mir schon aus, meine Studien menschlichen Verhaltens auf einen aktuellen Stand zu bringen.

Am liebsten hab ich da die Starbucks-Neulinge.

Viele (und ich bin mir sicher, mir ging's das erste Mal genauso) Starbucks-Neulinge betreten ganz die "heilige" Halle und schauen sich erstmal um. Logisch. Sie wundern sich vielleicht über die durchaus bequemen Sitzgelegenheiten und über die Leute, die es sich darauf bequem gemacht haben. Aber dieses Betrachten und Staunen kann man doch auch beim Anstehen an der langen Schlange vor dem Bestelltresen machen. Oder? Muss man denn stets direkt am Eingang stehen bleiben und die, welche sich auskennen, einfach mal aufhalten und mit den prall gefüllten Taschen diverser Kaufhäuser den Weg versperren?

Eindeutiges: NEIN !!!

Irgendwann haben sich die besagte Neulinge am Eingang satt gesehen und schreiten langsam Richtung Bestell-Kassen-Bereich. In meinem Lieblings-Starbucks ist das ungefähr eine Strecke von 5 m. Also kann man da schon mal eine durchschnittlich 10 Minuten veranschlagen. Mindestens. Schliesslich müssen die ersten Eindrücke erstmal verarbeitet werden.
Während des Gleitens Richtung Bestellvorgang erschlägt einen Neuling denn zunächst dieses riesige Schild mit den angebotenen Getränken. Wer jetzt noch den Durchblick auf den ersten Blick hat … Hut ab und meinen herzlichen Glühstrumpf! Und natürlich meinen zutiefst empfundenen Respekt.

Während man also noch versucht, den Unterschied zwischen Mocha Coconut Frappuccino®, Caramel Macchiato und Mocha Frappuccino® Blended Coffee zu erahnen, kommt schon eine nette aber sehr bestimmt Stimme und fordert den noch völlig verwirrten Neukunden auf, doch mal fix seine Bestellung loszuwerden.

Mindestens einhundert Fragezeichen ploppen langsam aber sicher über dem Kopf des Gefragten auf. Was, wie und überhaupt? Und am schönsten ist es denn noch, wenn meine Lieblingsbedienung die Fragende ist.

Also die Frau (oder eher doch noch Mädel) ist super nett, immer ein nicht gekünsteltes Lächeln auf den Lippen und einen Blick … ja der Blick hat es in sich. Man weiss nie, ob sie einen jetzt anschaut oder doch den Typen auf der anderen Seite des Raumes. So einen Silberblick haste noch nicht gesehen. (Zitat eines Kunden: Mit dem einen Auge hackt sie das Holz, mit dem anderen trägt sie es weg.) Irgendwie schon voll gemein und verdient hat sie es nicht. Irgendwie tut sie mir ziemlich leid und irgendwann werde ich in einer guten Minute ihr auch sagen, dass sie für ein Fast-Food-Kaffeeschuppen einen tollen Service bietet. Aber soweit bin ich noch nicht. Bin doch so schüchtern.

Aber zurück zum Thema.
Jetzt beim Bestellen kommt der Moment der Wahrheit und die Menschheit teilt sich in zwei Arten. Die, welche schnell mal was bestellen, was sie kennen und die experimentierfreudigen Kunden.
Wie ich bisher beobachten konnte, gehören mindestens zwei Drittel der Neulinge den weniger experimentierfreudigen Konsumenten an. Da wird denn vor lauter Verwirrung mal fix ein Caffee' Latte oder ein Cappuccino bestellt.

Spätestens jetzt macht der gute Mensch hinter dem Tresen die Verwirrung perfekt. "Tall, Grande oder wirklich riesig?" Wie, was, wo ???
Zum Glück hat der freundliche Mitarbeiter schnell ein Muster bei der Hand und endlich kann man denn auch eine Entscheidung bezüglich der Grösse treffen. "Puh" denkt man sich "Fast geschafft".
Schliesslich ist es endlich soweit und der Bezahlvorgang kann eingeleitet werden. "nein … in Raten kann man den Kaffee nicht bezahlen" Also wird zähneknirschend die hohe Rechnung beglichen, man bekommt seine Quittung in die Hand gedrückt und begibt sich Richtung Getränkeausgabe … Wenn man es weiss. Ansonsten wird man spätestens nach 10 sek. vom immer noch freundlichen Mitarbeiter auf eben diese Ausgabe hingewiesen. Dort steht man den noch ein paar Minuten wie bestellt und nicht abgeholt in der Gegend rum bis einem den der Name seines Getränkes in einem monotonen Sing-Sang entgegengeworfen wird. Jetzt heisst es zupacken und sich schnell seinen Kaffee oder was auch immer schnappen. Ein Neuling ist natürlich erstmal ziemlich verwirrt und weiss in der Regel nicht, dass dies die Aufforderung zum "Kaffee-Fassen" ist. Aber spätestens beim zweiten Besuch, wenn es dazu kommt, hat man das Prozedere drauf.

Die experimentierfreudigen Neukunden fragen sich erstmal durch das gesamte Angebot, was letzten Endes zu lautstarken Unmutsbekundungen der hinter ihnen gestehenden Wartenden führt. Aber das ist dem experimentierfreudigen Erstkonsumenten egal. Der Kunde ist König.
Und schliesslich wird denn meistens doch das erstbeste genommen. Das jetzt folgende Prozedere unterscheidet sich meistens nicht von dem oben stehenden.

Jetzt muss nur noch ein Zucker und sonst etwas ins Getränk gefüllt und ein gemütlicher Platz für sich und seine Taschen gefunden werden. Aber das ist nach den Aufregungen und Verwirrungen der letzten Minuten ein Kinderspiel. Sollte man meinen. Aber davon vielleicht ein anderes Mal.

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