26 März 2007

Die Schlacht um das letzte Sandwich

Bei uns in der Bank verspüren unsere Führungskräfte ab und zu mal den Drang, uns kleine Mitarbeiter über den Mittag sinnvollvoll beschäftigen zu müssen. Kein gelangweiltes Schlendern über die Shopping-Meile, kein Besuch des einen oder anderen Verkaufstempels und auch kein Geniessen diverser kulinarischer Köstlichkeiten bei dem mittlerweile wieder frühlingshaften Wetter. Die Erweiterung des Wissensstandes ist dann angesagt und kein sinnloses Ausgeben des hart verdienten Gehaltes.

Das Ganze nennt sich dann Lunch-Learning und hat immer den etwas sauren Beigeschmack eines schnell mal zusammengeschusterten Seminars in der absoluten Kurzform. Da wird versucht, Wissen innerhalb einer Stunde in unsere Köpfe zu prügeln, wo andere einen oder zwei Tage auf professionellen Seminaren vor sich hin studieren.

Na gut … wir sind schon schlau und vielleicht meinen ja unsere Chefs, dass wir die grossen Checker vom Dienst sind und unsere gestressten Denkorgane neues Wissen wie ein trockenen Schwamm aufsaugen können. Ist vielleicht auch so, denn bisher habe ich auf diesen Lunch-Learnings immer ein bisschen was für die tägliche Arbeit mitnehmen können. Und seihen es nur die bereitgelegten Bleistifte und Notizblöcke gewesen.

Aber das Beste an diesen Mini-Seminaren ist immer die Verpflegung. Denn wenn ein Seminar "Lunch-Learning" heisst, muss es natürlich auch was zum Lunchen geben. Schliesslich fallen diese Veranstaltungen immer genau auf die Mittagszeit. Ansonsten könnte man das ganze ja auch am frühen Vormittags oder späten Nachmittag über die Bühne bringen und das ganze hiesse "Good Morning Learning" oder "After Work Learning".

In der Regel werden bei uns zu diesen Veranstaltungen stets mehr oder wenig appetitliche Sandwiches angeboten und natürlich Mineralwasser wahlweise mit oder ohne Blubberbläschen. Die Auswahl an verschiedenen Sorten von Sandwiches war meistens angenehm gross und es war durchaus für jeden Geschmack etwas dabei. Die Qualität der angeboten kulinarischen Delikatessen war gewohnt gut bis sehr gut und auch der Frischgrad der Sandwiches war durchaus als "Hab ich gerade erst zubereitet" zu bezeichnen. Und das wichtigste … es waren stets mehr als genug da und ich konnte meinem Magen eine ausreichende Anzahl von Sättigungshilfen anbieten. Schliesslich war nach Ende der Veranstaltung an eine weitere Nahrungsaufnahme nicht mehr zu denken. Das war ja dann quasi schon die Mittagspause.

Heute Mittag jedenfalls stand mal wieder eine solche Veranstaltung an. Das Thema war recht gut gewählt und versprach, eine gewisse Wissenserweiterung darzustellen. Die Dozentin war auch keine Unbekannte und so sind meine Kollegen und ich in freudiger Erwartung in den Seminarraum gestolpert. Natürlich schon 15 Minuten vor Seminarbeginn. Schliesslich war zu diesem Zeitpunkt die Auswahl der angeboten Speisen noch am grössten.

Aber was erblickten unsere Augen? Sandwiches lagen schon da, aber eine Auswahl bestand nicht wirklich und die Teile sahen aus, als wenn sie schon mindestens einmal Geburtstag gehabt hatten. Und das Beste war, dass sie genau auf die Anzahl der Teilnehmer abgezählt waren. Ein Sandwich pro Seminarteilnehmer … keins mehr aber auch keins weniger.
Na so eine Pleite … schliesslich hatte ich kein Frühstück gehabt, mein Magen hing schon irgendwo auf Höhe der Kniekehlen und pfiff den Marsch der Verhungernden.

Nachdem sich alle das eine pro Person vorgesehene Sandwich genommen hatten, kam das grosse Staunen … man hatte sich wohl doch verzählt. Einsam und verlassen lag da noch ein einziges krümeliges Sandwich rum und wartete auf einen Verzehrer.

Aber wer hatte jetzt noch den Mut, sich zusätzlich zum einen vorgesehenen Sandwich eins zweites zu krallen? Feindselige Blicke wanderten zwischen den Anwesenden hin und her und für mich war es schon richtig belustigend, dies mit anzusehen. Nur wie es in solchen Situationen ist, traute ich niemand und so bliebt des letzte Sandwich da, wo man es so lieblos liegengelassen hatte. Schade eigentlich … ich hätte es gerne noch gegessen, aber getraut habe ich mich ebenso wenig wie alle anderen.

Jetzt, wo ich hier mit immer noch knurrenden Magen wieder vor meinem PC sitze, frage ich mich, ab sich jemand vielleicht doch noch getraut hatte und jetzt gesättigt still vor sich hingrinsend den Nachmittag verbringen wird. Und tief im Herzen die Gewissheit, dass man die Schlacht ums letzte Sandwich gewonnen hat.

In dem Sinne … bloss nicht so bescheiden …

Keine Kommentare:

kostenloser Counter