08 Juni 2007

Vom Glück verfolgt

G8 – nicht mal ein Wort oder irgendwas, was danach ausschaut und doch beherrscht bzw. beherrschte es in den vergangenen Jahren nicht nur den Hohen Nordosten Deutschlands, sondern auch in der örtlichen Presse Zürichs und Umgebung war doch das eine andere Mal etwas mehr oder weniger lustiges über diese Veranstaltung der Schönen und Mächtigen zu lesen.

Genau das bedeutete auch für mich, dass ich mal wieder meiner Heimat mehr oder weniger nahe gekommen bin. Denn für alle, die es nicht wissen oder schon wieder vergessen haben, ich komme ursprünglich genau aus der Gegend.

Jawohl … stolz schwillt die Brust, die Stimme wird entsprechend erhoben und nicht ohne Heimatgefühle stehe ich dazu … ich bin genau dort, wo sich so liebevoll eins auf die Mütze gegeben wurde, auf die Welt gekommen … und zwar in Bad Doberan.
Ihr braucht jetzt nicht nachzuschauen … Bad Doberan liegt ca. 4 km von Heiligendamm und somit auch vom Schauplatz diverser Unstimmigkeiten zwischen den kleinen grünen Männchen und den jutetaschenbewaffneten "Ich-bin-mal-pauschal-dagegen"-Demonstraten entfernt. Was eigentlich bei den ganzen Berichten verschwiegen wurde, ist die Tatsache, dass Heiligendamm gar keine eigene Gemeinde ist sondern zur Stadt bad Doberan gehört.

Na jedenfalls bin ich dort geboren, aufgewachsen, habe in Doberan lesen und schreiben und noch manch anderen Unsinn gelernt. Genau an dem Strandabschnitt, wo wilde Seegefechte tobten, habe ich meine ersten zarten Schwimmversuche unternommen und bin kläglich abgesoffen. Nur einen Kilometer weiter habe ich auf einer von diversen wilden Strandpartys so manche Gehirnzelle feuchtfröhlich und bereitwillig dem Teufel Alkohol überschrieben. Und "by the way" auch meine Unschuld verloren. Damals …

Erste zarte zwischenmenschliche Kontakte fanden genau an den immer wieder in der Presse gezeigten Orten und Strandabschnitten statt und gerade an dem des genannten Wasserkraftwerk war der Treffpunkt von meinem ehemaligen guten Freund und mir, wenn es etwas wichtiges zu bequatschen gab.

Was haben wir uns für wilde Rennen auf dem Weg von Doberan nach Heiligendamm geliefert, zuerst mit den Fahrrädern, später dem unsern aufgestylten Mopeds. Ständig mit der Angst im Nacken, von einem diensteifrigen Polizisten erwischt zu werden. denn so wirklich Original war an den Kisten nichts mehr.

Ja da kommen Erinnerungen hoch und meine Augen fangen an, ein wenig feucht zu werden. Dies könnte allerdings an den umherfliegenden Pollen liegen. genau weiss ich das auch nicht so.

Auf der einen Seite hat es mich schon traurig gemacht zu sehen, was da alles so passierte. Zumal ich so gut wie jeden Strauch, jede Wiese und jedes Haus kenne. Traurig auch, weil ich weiss, was es für die Region und den damit verpassten Einnahmen aus dem Tourismusgeschäft bedeutet. Gewonnen oder profitiert hat kaum niemand von dieser Veranstaltung. Ich hoffe nur mal, dass es genug Werbung für die Schönheit meiner Heimat war und der eine oder andere vielleicht auch mal so ganz privat den Weg dorthin findet.

Andererseits … ein gewisses Gefühl von Stolz schleicht sich da schon ab und zu mal bei mir ein. Meine Heimat im Zentrum der weltweiten Öffentlichkeit zu sehen und sagen zu können, dass man genau da herkommt, das hat schon was. Noch nie wurde ich so oft über diese Gegend von Bekannten und Kollegen über meine Heimat ausgefragt, noch nie hat man überhaupt wirklich realisiert, wo ich herkomme, wo meine Wurzeln und das damit auch ab und zu zutage tretende Verständnis für die Dinge des Lebens kommen. Wir Mecklenburger sind nämlich schon so ein Volk für uns und bestimmte Dinge, die ich sage und tue sind tief mit diesem super schönen Flecken Erde verbunden. *schnief

Natürlich habe ich stets Live-Berichterstattung seitens meiner Eltern bekommen, die ja nicht wirklich weit weg vom Geschehen wohnen. Und da hört man schon noch das eine oder andere, was man vielleicht in der Presse nicht zu sehen, Hören oder Lesen bekommt. Sehr spannend, sehr frustrierend, sehr aufwühlend und doch auch beruhigend. Manchmal sehr aufwühlend und dann doch wieder sehr nachdenklich machend. Alles in allem sehr schwer zu beschreiben.

Ab heute ist der ganze Spass wieder vorbei, jeder geht wieder seiner Wege und denkt hoffentlich ein bisschen darüber nach, was er getan hat oder hätte tun können.

In dem Sinne … das Zuhause ist dort, wo das Herz ist, eine Heimat aber stets das, was einem zu dem hat werden lassen, was man heute ist. Ist zumindest bei mir der Fall. Und alles weitere weiss der Fuchs … ist nämlich ein schlaues Tierchen. Schönes Wochenende …

3 Kommentare:

Kristina hat gesagt…

Deine letzten Worte sind schön... Und wahr! (Auch wenn ich nicht genau definieren kann, wo "zu Hause" jetzt eigentlich genau liegt, ich reise immer von einem "zu Hause" zum anderen)

Anonym hat gesagt…

Schöne Worte, sehr gut formuliert Loretti.

Aber so viel hat sich doch gar nicht geändert in dieser Zeit...
Noch immer werden dort Kontakte geknüpft.... so manche Augen werden auch heute noch feucht und nicht zuletzt verlieren dort sicher auch viele ihre Unschuld.

Die Welt spinnt.. und deren Könige treffen sich regelmässig um den Brunnen zu vergiften...

Anonym hat gesagt…

Einfach: ja.

Loretti: klar, besonders die letzten Zeilen ... *zustimm*

Tom: auch ja zu den letzten Zeilen. Das schlimme ist, dass die Welt aus eben diesem Brunnen säuft ...

Und, so könnte man jetzt philosophieren, es nicht hinkriegt, woanders nach Wasser zu graben.

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