26 Juli 2007

Das muss man wissen

Wenn man in den täglichen Genuss des öffentlichen Nahverkehrs kommen darf, kann man eine ganze Menge erleben, Leute beobachten und sich so ein umfangreiches Bild über das Wesen der menschlichen Natur machen.

In der Regel bin ich zwar die meiste Zeit des täglichen Weges zum Arbeitsbunker damit beschäftigt, die Zeichen in dem sich vor mir befindlichen Buch zu entziffern und dabei nicht sanft zu entschlummern, aber so den einen oder anderen Morgen in der Arbeitswoche packt es mich dann schon. Ich stopfe mir meine geliebten Kopfhörer tief und fest in die Öhrchen, suche und finde die richtige Musik zur jeweiligen Morgenstimmung, drehe die Lautstärkeregler auf Maximum und fange ganz vorsichtig an, mein direktes Umfeld und die darin rumsitzenden Personen in verschiedene Kategorien einzuteilen. Schublade auf, Person reingestopft, Schublade zu und Schildchen ran.

Dabei ist es gar nicht so schwer, die entsprechenden Personen in die passende Schublade zu bekommen. Denn viele morgendliche Verhaltsweisen und Charaktere gibt es gar nicht. Ich persönliche komme nur auf drei unterschiedliche Haupttypen des morgendlichen ÖVP-Teilnehmers.

Da ist zum einen der Schläfer. Er liegt mehr als das er sitzt. Die Augen sind tief und fest geschlossen und er bekommt meistens bis kurz vorm Eintreffen auf dem Zielbahnhof nicht wirklich was von seiner Umwelt mit. Tiefe und gleichmässige Atemzüge sind ein typisches Anzeichen dafür, dass eben diese Person fern morgendlichen Stresses ist. Ich persönlich beneide diese Personen ziemlich, da sie wohl ziemliche entspannt bei ihrem Zielort ankommen und für mich das Schlafen in Zügen, Autos oder Fliegern selbst bei akuter Müdigkeit nur in den seltensten Fällen möglich ist.

Ein weiterer Typus ist in meinen Augen der Zeitungsleser.
Bei dieser Sorte Mitreisender muss man allerdings klar in zwei verschiedene Höflichkeitsgrade unterteilen. Während der hochgradig Höfliche stets darauf bedacht ist, dass er mit seiner Zeitung im Format 1m x 1m so wenig wie möglich den anderen Reisenden zur Last fällt und eine Falttechnik entwickelt hat, die jeden japanischen Meister der komplizierten Falttechnik vor Neid erblassen lässt, ist dem anderen Typus von Zeitungsleser (nennen wir ihn mal vorsichtig unhöflich ) das Wohlbefinden der sich um ihn herum befindlichen Menschen so ziemlich sch… egal. Da wird mit morgendlichem Schwung und Elan eine Seite nach der anderen mit einem gefühlten Radius von 5 Metern umgeblättert und wer sich halt nicht rechtzeitig in Deckung bringt, hat halt Pech gehabt. Natürlich sorgt genau dieses Verhalten bei den anderen Mitreisenden für verständlichen Unmut, welcher sich zuweilen in lauten Unmutsbekundungen widerspiegelt. Selbstverständlich ist genau diese Sorte von Leser alles andere als beliebt und bei der Suche nach einem Sitzplatz macht man schon von Anfang an einen grossen Bogen um diese Leute.

Der dritte Typus ist in meinen Augen der Desinteressierte. Still und völlig teilnahmslos sitzt er zusammengekauert in seiner Ecke, schaut aus dem Fenster auf eine Landschaft, in welcher er schon fast jeden Grashalm kennt und keine Regung ins einem Gesicht verrät, was gerade in ihm vorgeht. Ein Lächeln und die obligatorische Frage "Ist hier noch frei" wird in höchster Form ignoriert und wer da wirklich ernst eine Antwort erwartet, dem kann ich nur sagen "Vergiss es". Dem Desinteressierten ist es so ziemlich egal, wer sich neben ihm breit macht oder was überhaupt um ihn herum passiert. Für ihn zählt lediglich, dass die der Weg von "A" nach "B" oder "C" so schnell wieder möglich erledigt ist. Einerseits bewundernswert diese Einstellung, aber anderseits verpassen eben diese Menschen eine ganze Menge schon am frühen Morgen.

Ich bin weiss schon … es gibt da bestimmt noch Dutzende anderer Arten und Verhaltensweisen mit hunderten von verschiedenen Modifikationen. Aber die hier alle aufzuzählen, dazu reicht meine Pause leider nicht aus. Ergänzungen sind natürlich in den Kommentaren herzliche willkommen.

In dem Sinne … immer schön neugierig bleiben. Das Leben geht eh schon viel zu oft so an einem vorbei. Und gerade am frühen Morgen zeigt sich oft sie wirkliche Seite des Lebens.

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