09 Oktober 2006

Ein Beispiel für verschenkte Lebenszeit

In einem Führungskräfteseminar vor nicht allzu langer Zeit stellte uns unser Dozent die Aufgabe, mal die Stunden zu zählen, die wir in dem vergangenen Jahr in sinnlosen Besprechungen, Vorträgen oder Seminaren verbringen. Zeit hatten wir zwar nur ca. 5 Minuten zu Überlegen, aber selbst in diesen paar Minuten kam ich schon auf mindestens 50 Stunden, die ich sinnlos und ohne jeglichen Zweck in Besprechungen verbracht habe. Das sind schon mehr als zwei Tage in einem Jahr. Zwei wertvolle Tage, in den ich mehr hätte für die Firma arbeiten oder andere schöne Dinge hätte machen können.

Damals war ich recht geschockt und hatte mir eigentlich vorgenommen, meine kostbare Lebenszeit nicht mehr sinnlos zu verplempern.
Nur leider nimmt die Firma im Allgemeinen und die Tätigkeit im Besonderen keine Rücksicht auf derartige Vorsätze. Also habe ich weiterhin sinnlos Zeit in Besprechungen verbracht, habe in Seminaren mit dem Schlaf gekämpft und auch Vorträge schlafend (zwar mit offenen Augen, aber trotzdem schlafend) "genossen".

OK … wenigstens konnte ich fehlenden Schlaf nachholen, aber wirklich erholsam war dieser auch nicht. Schliesslich musste man ja ständig aufpassen, dass man nicht mit dem Kopf auf den Tisch knallt und anfängt zu schnarchen.

Schlussendlich hatte ich mich bis heute damit abgefunden, Zeit sinnlos zu verbringen. Und das betrifft vorwiegend die Arbeitszeit. Eigentlich hätte ich mehr als genug Arbeit auf meinem Schreibtisch, aber heute war mal wieder ein so genanntes "Lunch-Learning" angesagt und somit auch wahrscheinlich sinnlose Vergeudung von Lebenszeit.

Für alle Nichtwissenden: Lunch-Learning = Seminar inkl. Mittagessen, vorzugsweise mehr oder weniger leckere belegte Brötchen. Meistens organisiert von einem Mitarbeiter, welcher dies in seinen Mitarbeitenzielen vereinbart hat und nun mit der Organisation eines solchen Seminars betraut wurde. Die Themen können sehr unterschiedlich sein und von reinen Bankthemen bis hin zu Themen aus dem alltäglichen Leben reichen. Alles in allem eigentliche eine gute Sache mit kostenloser Verpflegung. Soviel zur Theorie.

Praktisch war heute Mittag wieder mal genau so ein Lunch-Learning unserer Abteilung angesagt. Nicht das sich die Mitarbeiter der Abteilung so unheimlich lieb hätten und gerne die Mittagszeit miteinander verbringe, aber das Seminar war von oben befohlen.

Bisher sind diese Seminare eigentlich immer ganz gut gewesen und auch das Thema heute (Steuern für In- und Ausländer beim Kauf von Liegenschaften in der Schweiz) versprach eine gewisse Erweiterung meiner Kenntnisse. Nicht das ich so unbedingt auf das Thema "Steuern" stehe, aber dieses Thema war mal wirklich eines, womit ich auch was in der Praxis anfangen hätte können. Und genau auf "Können" liegt die Betonung.
Das ganze Seminar ging nur eine halbe Stunde und genau in dieser Zeit musste ich dreimal ernsthaft damit kämpfen, nicht gemütlich meinen Kopf auf die Tischplatte zu betten und sanft in den Schlaf abzugleiten.

Nicht nur, dass der Dozent eine wunderbar ruhige und einschläfernde Stimme hatte. Das wäre ja alles noch gegangen. Aber nach Vorstellung der genauen Seminarinhalte war mir klar, dass ich nichts Neues zu erwarten brauchte. Ganz im Gegenteil. Die Inhalte hätte auch ein Azubi im ersten Lehrjahr nach 10-minütiger Einarbeitung runterleiern können. Sehr flach und nicht wirklich informativ. Nichts, was ich nicht schon gewusst hätte.

Das Beste war dann noch, dass auf wirklich interessante Frage mit einem unwissenden Kopfnicken und dem Satz "Also … da muss ich erstmal nachlesen" geantwortet wurde.
Mein Cheffe neben mir war noch der dritten Antwort dieser Art kurz vorm Explodieren und ich dachte mir nur, dass es bestimmt gleich lustig wird. Wurde es denn aber doch nicht, denn schon war das Seminar vorbei und der Dozent verliess mehr oder weniger panisch den Seminarraum. Schade … hätte den kleinen Italiener gerne drei Meter gross werden gesehen. Wäre bestimmt ein Spass geworden.

Alles in allem kann ich nur sagen, dass genau so ein Seminar ein typisches Beispiel für verschenkte Lebens- und auch Arbeitszeit ist. Aber wenigstens die belegten Brötchen waren lecker.

Mahlzeit !!!

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