17 Oktober 2006

S-Bahngeschichten die Dritte

Die Sonne lacht, die Mittagspause nähert sich mit schnellen Schritten und auch das Wochenende ist nicht mehr nur ein blosser Gedanke sondern schon irgendwie ganz fern am Horizont zu erkennen. Was will man eigentlich mehr?!

Nachdem ich heute, wie so oft, meine liebe Mühe mit dem Aufstehen und dem Wachwerden hatte, entwickelt sich der Tag doch noch einigermassen zu einem recht ansehnlichen seiner Art.
Dabei sah es heute Morgen noch ganz anders aus.

Nur zu allem Übel musste ich mir heute Morgen eingestehen … ich bin wohl doch ein Morgenmuffel. Und gerade, wenn der Schlaf nicht gerade viel und auch nicht wirklich erholsam war. Oft hat man es mir schon gesagt, aber nie wollte ich es mir wirklich eingestehen.
Ich habe am Morgen keine wirklich gute Laune und dies ändert sich auch nicht innerhalb der ersten Stunde, nachdem ich die Augen aufgemacht habe. Ansprechen sollte man mich in dieser bewussten Stunde nicht und schon gar nicht grosse intellektuelle Leistungen erwarten.
Nach dem ersten Kaffee und vielleicht eine Zigarette ist denn wieder alles möglich … aber davor … bitte nicht. Schon im Interesse der Person, die dies trotz mehrfacher Warnungen trotzdem versucht.

Klar könnte ich gegen diese Muffligkeit ankämpfen und es auch nicht so, dass ich es noch nicht versucht hätte. Und manchmal klappt es auch. Aber halt nur manchmal.

Das es aber nicht die Regel sondern eine Ausnahme ist, bekam heute Morgen ein Mitreisender in der S-Bahn schmerzlich zu spüren. Und er schien sogar ein netter Typ zu sein.
Nicht das ich ihn geschlagen oder anderweitig körperlich misshandelt hätte … das nun wirklich nicht. Auch verbal habe ich nicht viel getan. Zumindest nichts, woran ich mich aktiv erinnern könnte.

Ich habe ihn lediglich ignoriert und ihm wohl mehr als einen Blick zugeworfen, der nicht gerade freundlich war. Ganz im Gegenteil.

Auf das "grimmig Schauen" habe ich fast schon ein Patent drauf. 2 1/2 Jahre Hamburg Altona haben so ihre Spuren hinterlassen. Genau dort habe ich eben diesen grimmigen Blick gut trainieren und geradezu perfektionieren können. Auch wenn ich eigentlich in bester Stimmung war. Aber wer Hamburg Altona kennt und sich dort mal über den grossen Bahnhofsvorplatz am frühen Nachmittag getraut hat, wird mich verstehen. Tausende von Studenten, die mich dazu bewegen wollten, an irgendwelchen Umfragen oder Spenden-/Sammelaktionen teilzunehmen. Aber ohne mich bitte. ich hab da meine eigene Spendenpolitik und für irgendwelche Umfragen bin ich nicht repräsentativ. Also grimmigen Blick aufgesetzt und schon hatte man relative Ruhe. Klar gab es hin und wieder mal einen Mutigen, der mich trotzdem von der Seite anquatschte, aber der wurde dann mit einem kurzen aber heftigen Kommentar wieder in seine bescheidene Rolle als Bittsteller zurück katapultiert.

Aber eben dieser Blick kam, verstärkt durch meine durchaus angemessene Morgenmuffligkeit, heute zur Anwendung. Dabei war ich bei der ersten Kontaktaufnahme durch eben diesen Mitreisenden noch recht freundlich. Kurze Frage … noch kürzere Antwort. Spätestens da hätte er merken müssen, dass ich auf kein Gespräch oder irgendeine Art von Konversation aus bin.

Aber nicht so der Urs (Name geändert, den wirklichen Namen hab ich schon wieder vergessen).
Nicht nur, dass er mich ständig angrinst … nein … er stellt sich auch noch vor und fängt mich an, Dinge zu fragen, die ich nicht bereit bin, einfach so preiszugeben.
Fragen wie "Du fährst noch nicht Dinge mit dieser Bahn?", "Wo kommst du denn eigentlich her" oder "Schicke Krawatte. Wo haste die denn gekauft?".
Sorry .. ich kenne den Typen überhaupt nicht. Hab ihn lediglich ein paar Male morgens an der Bahn stehen sehen und das war es denn auch schon.

Also antworte ich nur kurz auf die Fragen (man will ja nicht unhöflich sein, gute Kinderstube ist ja mehr oder weniger vorhanden), aber irgendwann wird's mir zu blöde, setze meinen grimmigen Blick auf und ignoriere einfach nur noch.
Aber anstatt ihn das abschreckt, quatscht mich der Typ weiter zu und fängt auch noch an, mir seine Lebensgeschichte zu erzählen. Infos, auf die ich jetzt nicht wirklich erpicht war und auch immer noch nicht bin.

Zum Glück (ob nun für ihn oder für mich ist rein spekulativ) fährt die Bahn endlich in den Hauptbahnhof ein und ich verlasse fluchtartig die Bahn. Zum Glück muss der Typ noch weiterfahren und ich bin ihn los. Ansonsten hätte er mich wohl noch den ganzen Bahnhof weiter zugetextet.

Ich glaube, ich muss mir echt mal überlegen, ob ich nicht eine Bahn früher nehme. Da schlafen bestimmt die meisten Reisenden noch und ich kann mich in Ruhe auf der Fahrt entmuffeln.
Meine Kollegen wird's freuen …

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